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Haushaltsrede zum Haushalt 2013

By 17. April 2013Allgemein

Rede des Fraktionsvorsitzenden, Ludger Reffgen, zur Beratung der Haushaltssatzung 2013 in der Sitzung des Rates der Stadt Hilden am 10.04.2013

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

verehrte Gäste!

 

Bei der Vorbereitung auf das alljährliche Ritual der Haushaltsrede habe ich abweichend von den ansonsten üblichen Verhaltensmustern Bürger in der Stadt angesprochen mit der Frage: Wie empfinden Sie die aktuelle Situation in Hilden? Was würden Sie dem Rat gerne über das Leben in Hilden mitteilen?

In diesem Zusammenhang habe ich eine Zuschrift erhalten, die ich gerne – stellvertretend für andere – meinen kurzen Anmerkungen voranstellen möchte.

 

 

Auch ohne Steuererhöhungen: Bürger an der Grenze der Belastbarkeit

 

„Unsere erfolgreichen Bürger und Unternehmen haben unserer Stadt seit zahlreichen Jahren Spitzenwerte an Steuereinnahmen beschert. Deshalb ist es kein Geschenk an die Hildener, wenn wir nicht mit weiteren Steuererhöhungen belastet

werden. Das Leben in unserer Stadt ist sehr teuer und immer mehr Familien und Rentner stoßen an die Grenzen ihrer finanziellen Belastbarkeit. Es ist die Verpflichtung von Rat und Stadtverwaltung mit den hohen Einnahmen auszukommen und unsere Stadt für zukünftige Herausforderungen zu rüsten. Investitionen für frühkindliche Bildung bei immer größeren beruflichen Herausforderungen, den Erhalt und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, ohne die letzten Grünflächen zuzupflastern, ein attraktives Freizeitangebot für unsere Jugend und steigende Kosten für eine alternde Gesellschaft mit sinkenden Renten sind nur einige Beispiele, die in Zukunft höchste Anforderungen allen Verantwortlichen abverlangen. Prestigeträchtige Großprojekte mit ausufernden Kosten und die zahlreichen Wünsche der Politik haben bereits in der Vergangenheit zum Verkauf von städtischem Vermögen geführt und der Teilverkauf der Stadtwerke hat bestimmt nicht dazu beigetragen, dass der Großinvestor uns bezahlbare Energie liefert. Die Strompreiserhöhung lässt grüßen. Außerdem müssen wir bereits jetzt die zu geringen Unterhaltungs-Investitionen der vergangenen Jahre an öffentlichen Gebäuden, Wegen und Straßen mit millionenschweren Totalsanierungen wie z. B. bei Schulgebäuden bezahlen. Stetig steigende Spitzenwerte bei den Personalkosten müssen durch verstärkte Sparanstrengungen im Verwaltungsbereich überschaubar bleiben und die zahlreichen, sinnlosen und teuren Gutachten werden oft eingestampft oder nur zu Alibizwecken genutzt. Die Finanzplanung mit optimistischen Steigerungsraten bei den Einnahmen und defensiven Planungen bei der Kostenentwicklung erscheint in Anbetracht der anhaltenden Eurokrise als sehr blauäugig. Die Planungen der rot/grünen Landesregierung für die überschuldeten Städte und Gemeinden kann uns auch noch teuer zu stehen kommen.“ Ende des Zitats und des Versuchs, dem „Bürgerhaushalt“ auch in der heutigen Sitzung Raum zu geben.

 

 

Schuldenbilanz: 78 Millionen Euro im Konzernabschluss der Stadt Hilden

 

Ich möchte in dieser Rede auf lange Ausführungen über finanzpolitische Sachverhalte verzichten, zu denen wir uns hier schon hinreichend ausgetauscht haben.

 

Ich will mich auch nicht in Spekulationen ergehen über Schreckensszenarien wie Abundanzumlage o. Ä. Die Tatsache, dass mit Gewissheit etwas auf uns zukommen wird, das in jedem Falle kostet – um nicht zu sagen teuer wird – ist schlimm genug. Ob vor diesem Hintergrund der Traum von bald wieder ausgeglichenen Einnahmen und Ausgaben zerplatzen wird, wer weiß das schon?

 

Fakt ist, dass der Haushalt 2013 lediglich formal ausgeglichen ist, dank eines gesetzlich erlaubten Kunstgriffs. Nicht, weil Einnahmen und Ausgaben sich im Lot befänden.

Fakt ist auch, dass, zieht man den letzten Gesamtabschluss als gesicherte Datenbasis und zur Vergleichbarkeit heran, der Kernhaushalt 20 Mio. Euro Schulden ausweist, die Schulden im Konzernabschluss sich jedoch auf 78 Mio. Euro summieren. So kompliziert Transparenz und Steuerung angesichts der 18 direkten und indirekten Beteiligungen der Stadt Hilden auch sein mögen: Man kann bei der Schuldenanalyse den Bürgern nicht nur die Zahlen des Einzelabschlusses präsentieren und somit eine „entspannte Schuldenpolitik“ suggerieren. Transparenz über die Finanzen der Stadt hört eben nicht beim Einzelabschluss auf. Auch die „ausgelagerten“ Geschäftsfelder der Stadt gehören zur ganzen Wahrheit über die Beurteilung der Finanzen dazu.

 

 

„Hildener Standards“, die den Lebensnerv der Menschen treffen

 

Lassen Sie mich nun noch mit einigen Anmerkungen den Haushalt in einen größeren Kontext der kommunalpolitischen Verantwortung stellen.

 

Ich will mich dabei auf ein paar markante Bereiche konzentrieren, die das Zusammenleben in unserer Stadt in hohem Maße berühren und praktisch den Lebensnerv der Menschen in Hilden treffen.

 

Bemerkenswert erscheint mir zunächst der sich immer mehr zum „Hildener Standard“ entwickelnde Sachverhalt, bei dem zuerst Fakten geschaffen werden und anschließend die Folgen zum Nachdenken oder Wegschauen veranlassen.

Kostprobe: Jueck – zuerst geschlossen, dann wird in der Innenstadt nach einer Bleibe für Jugendliche gesucht. „Das, was wir planen, soll Akzeptanz finden“, sagt Frau Hoff. Die Bürger im Bereich Bismarckstraße/Am Rathaus fragen sich, ob sie auch noch akzeptiert werden.

Dabei sind sie nicht die einzigen, die sich mit ihren Problemen allein gelassen fühlen und den Eindruck bekommen, zwar angehört, aber von niemandem ernst genommen zu werden.

 

Ähnlich ergeht es den Mitbürgern im Hildener Süden: Die wieder von Bauwut gekennzeichnete Stadtentwicklungspolitik geht entschieden an den Bedürfnissen der Menschen vorbei. Schon gar, nachdem der Bürgermeister klargestellt hat, dass die vom Bauverein für seine Neubauwohnungen angesetzten 8,15 Euro/qm nicht in die Kategorie „bezahlbarer Wohnraum“ fallen, schon eher – wie ich meine – in die Kategorie „Scheinheiligkeit“.

1500 Unterschriften gegen die aus den Fugen platzende Albert-Schweitzer-Schul-Planung, die lässig vom Tisch gewischt werden, sind ein weiteres Indiz von vielen.

Und dass Bürgerbeteiligung in der praktischen Anwendung längst zur lästigen Alibiveranstaltung verkommen ist – auch das hat sich zum „Hildener Standard“ entwickelt.

 

 

Bürgeraktion – kooperationsbereit für sozial ausgewogene Initiativen

 

Wir werden dem Haushalt 2013 in der vorliegenden Fassung nicht zustimmen können. Gleichwohl wird sich die BÜRGERAKTION auch künftig an allen sozial ausgewogenen Initiativen beteiligen, die darauf zielen, die städtischen Finanzen zu gesunden und die Stadt handlungsfähig zu erhalten.

 

Es besteht für unsere Stadt kein Grund zur Panikmache oder zum Schwarzmalen. Wir halten es aber vor den Kommunalwahlen für unehrlich, so zu tun, als wenn wir uns alles ohne nennenswerte Einschränkungen leisten könnten und wir auf einer glückseligen Insel leben würden. Schaffen wir es nicht, die Ausgaben zu begrenzen, werden die ersten Forderungen nach Steuerhöhungen und dem weiteren Verkauf von städtischen Eigentum spätestens nach der Kommunalwahl schnell auf der Tagesordnung stehen.

 

Wir alle sind verantwortlich! Wir alle sind gefragt! Wozu? Zu recht!

 

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