Das war ein Affront ersten Ranges: Als die fünfte Bürgerin mit einer unangenehmen Frage in der Ratssitzung aufwartet, fordert die AfD den brutalen Abbruch. Die Bürgermeisterin lässt die Intervention von rechts zu, die CDU leistet aktive Hilfe; die SPD schaut tatenlos zu.
Aber der Reihe nach. Eigentlich hatte alles ganz normal angefangen. Gegen 17.30 Uhr unterbricht die Bürgermeisterin die Ratssitzung, um die Einwohner mit Fragen zu Wort kommen zu lassen. Dieses Ritual ist in der Geschäftsordnung des Rates verankert.
Danach gehört die Einwohnerfragestunde auf die Tagesordnung einer jeden Rats- und Ausschusssitzung. Sie soll die direkte Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger am politischen Geschehen ermöglichen. Nach dem festgelegten Reglement kann jeder Bürger eine Frage stellen; zwei Nachfragen sind zudem zulässig. Einwohnerfragestunden sind nach den Verfahrensvorschriften auf 30 Minuten begrenzt.
Als erster meldet sich von den zahlreich besetzten Zuschauerplätzen ein Bürger mit einer Frage zum städtischen Haushalt, gefolgt von einem Vater der Wilhelm-Busch-Schule mit einer Frage zu dem an der Schule fehlenden Angebot einer „Verlässlichen Grundschule“ (VGS). Es folgt ein Zuhörer, der um eine Auskunft zur Schulentwicklung an der Astrid-Lindgren-Schule bittet. Die vierte Fragestellerin stellt ihre Frage in den Kontext zum Wahlversprechen aller Parteien „Freiflächen schützen“ aus dem Kommunalwahlkampf und fragt, wie dazu die auf der Tagesordnung befindliche Absicht passe, 30.000 Quadratmeter Freifläche im Hildener Norden durch Bebauung zu vernichten.
Zuschauer wütend und fassungslos
Als dann eine Vertreterin des BUND zum Verfahren, zwischen Wahltermin und konstituierender Ratssitzung noch auf die Schnelle weitreichende Beschlüsse zu fassen, um Stellungnahme bittet, grätscht die AfD dazwischen und verlangt, die Einwohnerfragestunde sofort abzubrechen. Begründung: Die Fragestunde sei „für ein fünfminütiges Statement missbraucht“ worden.
Die Bürgermeisterin lässt eine fundierte Gegenrede nicht zu, sondern leitet sofort in die Abstimmung über. Der AfD-Vertreter findet spontan Unterstützung für seinen Antrag bei der CDU-Fraktion, die dem Vorschlag geschlossen zustimmt (16 Stimmen). Bürgeraktion, FDP, Grüne und Allianz bringen zehn Gegenstimmen zusammen. Zu wenig, um den Antrag zurückweisen zu können, denn die SPD schaut zu und übt Stimmenthaltung.
Die fragenden Blicke vieler Zuschauer machen deutlich, dass die meisten das Geschehene noch gar nicht wahrhaben wollen. Als die Bürgermeisterin kommentarlos wieder zur Tagesordnung übergeht, steht so manchem die Wut und Fassungslosigkeit ins Gesicht geschrieben.