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Die Nachricht, dass Hildens Kämmerin, Anja Franke, als Dezernentin ins Rathaus ihrer Heimatstadt Mülheim wechselt, verbreitete sich am Freitagmittag in der Stadt wie ein Lauffeuer. Sie hat viele berührt – politisch und natürlich auch menschlich. Ludger Reffgen fasst in einem Kommentar die Eindrücke zusammen.


Es war abzusehen, dass Anja Franke in Hilden kein Dienst-Jubiläum anstrebte. 
Nicht nur in ihrem Fachbereich gilt die frühere Volleyball-Spielerin als ambitionierte Frau. Dass ihr auf Dauer der „Mantel“ in Hilden zu eng werden würde und ihre berufliche Laufbahn hier noch nicht zu Ende ginge, lag seit längerem in der Luft und konnte Insidern nicht verborgen bleiben.

Dass ihr Wechsel dann allerdings so schnell kommen würde, überrascht nun doch. Denn wer am Mittwoch noch im Rat die Hand zur Zusammenarbeit ausstreckt, dem traut man nicht zu, dass er schon tags darauf auf einer ganz anderen Hochzeit tanzt.

Mit härterem Besen den Stall ausgemistet

Franke hatte Anfang 2019 nach längerer Vakanz in einer schwierigen personellen Konstellation als Kämmerin das Amt für Finanzservice, ein Zusammenschluss des früheren Steueramts und der Stadtkasse, übernommen und sich gleich ans Werk gemacht, sukzessive mit härterem Besen den Stall auszumisten, den CDU und SPD gemeinsam über Jahre angerichtet und hinterlassen hatten. Vordringliches Ziel dabei: Die Strukturen der städtischen Beteiligungen verschlanken und die Finanzen so zu ordnen, dass der Stadt das kommunale Desaster schlechthin, ein drohendes Haushaltssicherungskonzept, erspart bleibt.

Dazu hat sie unübersehbar die Weichen gestellt und perspektivisch Akzente gesetzt. Wenn dabei bisweilen Beobachter ins Staunen gerieten, weil mit einem Mal zum Teil möglich wurde, was zuvor 20 Jahre undenkbar schien, war das nicht zuletzt ihrer hohen Fachkompetenz und nicht minder ihrer Durchsetzungskraft geschuldet, die jeder zu spüren bekam, der ihr im Weg stand. Häufig sehr zum Verdruss der Rathaus-Mitarbeiter, die es nicht leicht mit ihr hatten. Oder der Bürger, wenn es mal wieder in angespannter Lage darum ging, Bürgerfreundlichkeit und wirtschaftliche Gesichtspunkte im Rathaus unter einen Hut zu bringen. Die rigiden Mittel, derer sie sich dabei zum Teil bediente, machten deutlich: Franke ist eine Frau, die Herausforderungen liebt und kämpft. Solche Haltung verdient in der Regel ein starkes Pendant. Das kam in Hilden eher zu kurz.

Mitten im Strom die Pferde wechseln, ist kein probates Mittel

Obschon der von ihr gerade präsentierte Haushalts-Entwurf für das kommende Jahr erste Früchte ihrer Arbeit zeigt, kommt ihr Rückzug zu früh. Mitten im Strom die Pferde zu wechseln, ist kein probates Mittel. Da machen auch die städtischen Finanzen keine Ausnahme, zumal auch Frankes Nachfolger in der Leitung des Amts für Finanz-Service nach längerer Suche erst seit wenigen Wochen gefunden ist.

Dass Anja Franke die sich bietende Chance beim Schopf packt und auf eine Dezernenten-Stelle in ihrer Heimatstadt Mülheim wechselt, wird ihr niemand wirklich verdenken wollen. Bei Licht besehen vermutlich nicht einmal die SPD, die es dennoch nicht lassen kann, politisch motiviert, aber eben auch sehr durchsichtig zu versuchen, dem Bürgermeister eine Mitschuld an Frankes Entscheidung in die Schuhe zu schieben. Die scheidende Beigeordnete selbst hätte es in der Hand, solchen Spekulationen den Boden zu entziehen. Vielleicht bieten die anstehenden Haushaltsplan-Beratungen als letzter Akt auf der politischen Bühne dazu noch Gelegenheit.

 

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