Nach einer Ortsbesichtigung in Anwesenheit vieler aufgebrachter Anwohner hat der Stadtentwicklungsausschuss am Mittwochabend gegen die Stimme der Bürgeraktion (BA) entschieden, dass die Vonovia zwar am Gerhart-Hauptmann-Hof nicht bauen darf, der Wohnungsbaukonzern dafür aber zwei seiner Bestandsbauten an der Sankt-Konrad-Allee aufstocken und den dortigen Gebäuderiegel schließen und erweitern darf. Der Verkehr zu den vergrößerten Häusern soll an den Haustüren des Gerhart-Hauptmann-Hofs vorbeigeführt werden. Der Antrag der BA, auf weitere Bebauung in dem bereits dicht bebauten Quartier gänzlich zu verzichten, war zuvor von den anderen Fraktionen abgelehnt worden.
Für die Anwohner des Gerhart-Hauptmann-Hofs gibt es nach der gestrigen Stadtentwicklungsausschuss-Sitzung eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Der von der Wohnungsbaugesellschaft Vonovia geplante Neubau in dem kleinen Sträßchen ist vom Tisch. Die schlechte: Der Wohnungsbaukonzern bekommt die Möglichkeit, seine gegenüberliegenden Häuser an der Sankt-Konrad-Allee aufzustocken (+2 Stockwerke) und in Länge und Bautiefe zu einem geschlossenen Gebäuderiegel zu erweitern. Der massive Klotz wird Auswirkungen für die Ost-West-Durchlüftung des Wohngebiets haben. Eine Konsequenz, die angesichts der vielen Hitzeinseln im Stadtgebiet und der vielen, bei zunehmenden Extrem-Wetterlagen unter starker Überhitzung leidenden Menschen in Hilden keine Bagatelle darstellt. Aber nicht nur das. Die für das erweiterte Gebäude erforderlichen Parkplätze werden auf der heutigen Wiese, an der Rückseite des vergrößerten Mehrfamilienhauses, angelegt. Die Zufahrt erfolgt über den Gerhart-Hauptmann-Hof. Das wird für die Anwohner ihrer ohnehin sehr engen Straße mehr Verkehr bedeuten.
Das ist der Beschluss, den eine große Mehrheit aus fast allen Ratsfraktionen im Stadtentwicklungsausschuss am Mittwochabend bei zwei Gegenstimmen (BA und ein fraktionsloses Ausschussmitglied) gefasst hat. Nicht durchsetzen konnte sich die BA mit ihrem Alternativantrag, in dem bereits dicht bebauten Gebiet auf jegliche zusätzliche Bebauung zu verzichten (Null-Variante). Mit ihrem Vorschlag hatte die BA nach Worten ihres Fraktionsvorsitzenden Ludger Reffgen darauf abgehoben, in Anbetracht der jahrzehntelangen Auswirkungen heutiger stadtentwicklungspolitischer Entscheidungen planerische Gesichtspunkte anstatt finanzielle Aspekte bei der Abwägung von Pro und Contra in den Vordergrund zu stellen.
»Weniger wäre mehr«
Voraufgegangen war der Entscheidung eine Besichtigung und ein Besuch der Ausschussmitglieder vor Ort, in deren Verlauf viele Anwohner ihrer Verärgerung über das Bauvohaben der Vonovia Luft machten. Zum Einen wurde die drangvolle Enge beklagt, mit dem das geplante Gebäude den Nachbarn auf die Pelle rücke. Mit dem Effekt, dass man sich gegenseitig in die Wohnungen schauen könne und die Privatsphäre kaum noch zu wahren sei. Das alles, so wurde betont, habe nichts mehr mit Lebensqualität zu tun.
Andererseits wurde den Ausschussmitgliedern vor Augen geführt, wie schwierig jetzt schon die Verkehrsabwicklung sei, ohne dass noch zusätzlicher Verkehr durch das schmale Sträßchen geführt werde. Unter dem Beifall vieler Bewohner erinnerte BA-Ratsmitglied Doris Spielmann-Locks an die jüngste Überschwemmungs-Katastrophe. Die Auswirkungen des Starkregen-Ereignisses seien vor allem durch eine viel zu dichte Bebauung begünstigt worden. Übertragen auf das Bauprojekt könne die Devise nur lauten „Weniger ist mehr“.