Die Kämmerin hat mit der Bewirtschaftungsverfügung die Notbremse gezogen. Die Stadt ist ohnehin geschwächt und auf eine Krise nicht gut vorbereitet.
Kommentar von Ludger Reffgen
Es bedurfte keiner hellseherischen Kräfte, um vorherzusagen, dass der Ende März beschlossene Doppelhaushalt binnen kürzester Zeit zum sprichwörtlichen „Schnee von gestern“ würde. In diesen krisengeschüttelten Zeiten für einen überdurchschnittlich langen Zeitraum von zwei Jahren bei ohnehin extrem defizitärer Finanzlage und am Abgrund der Haushaltssicherung eine auch nur annähernd verlässliche Prognose stellen zu wollen, ist schon ein kühnes Unterfangen. Bereits in der Ratssitzung hatte die BA dem Zahlenwerk deshalb Makulatur-Charakter zugeschrieben.
Zweieinhalb Wochen nach Beschlussfassung, mit Eingang der Genehmigung durch die Kommunalaufsicht, hat die Kämmerin nun zum ersten Mal zur Notbremse gegriffen und eine Bewirtschaftungsverfügung erlassen. Das ist zwar bewusst keine Vollbremsung, wie sie mit einer Haushaltssperre verbunden wäre. Jedoch setzt die Kämmerin auch so darauf, effektiv – sozusagen mit einem wirksamen Anti-Blockier-System – die Haushaltswirtschaft zu drosseln. Zweifellos der Versuch, auf möglichst sanfte Weise die maroden städtischen Finanzen unter Kontrolle zu bringen.
Der Rat wird jetzt gezwungen, sich ungefragt in das Unausweichliche zu fügen.
So verständlich der Schritt anmuten mag, so bitter muss er für all jene wirken, die noch vor zwei/drei Wochen unter Hinweis auf die Gefahr, politischen Einfluss und Entscheidungskompetenzen zu verlieren, es abgelehnt hatten, bereits für das laufende Haushaltsjahr auch nur einer „globalen Aufwandsminderung“ von einem Prozent zuzustimmen. Die BA hatte diesen Vorschlag unterbreitet, war damit jedoch in der Abstimmung unterlegen. Jetzt wird der Rat gezwungen, sich ungefragt in das Unausweichliche zu fügen.
Denn alle Versuche, vor der bitteren Realität zu flüchten, sind zum Scheitern verurteilt. Wer sich, wie vor allem die CDU, die Zahlen noch unlängst schön geredet hat, in der Hoffnung, es könnte noch alles von selbst besser werden, dem schreibt die Kommunalaufsicht jetzt unmissverständlich ins Stammbuch, dass ein Umdenken alternativlos ist und mit drastischen Einschnitten verbunden sein wird.
Es nutzt halt nichts: Auch diejenigen, die jahrelang durch Zustimmung an der Seite der SPD die jetzige Situation mitverursacht haben, müssen einsehen, dass ein Verschließen der Augen das Problem nicht löst. Die Stadt, einst Musterschüler im interkommunalen Vergleich in der Region, wird gewaltige Anstrengungen unternehmen müssen, um finanziell wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen. Dass uns ausgerechnet in dieser stark geschwächten Verfassung auch noch Corona trifft, macht Hilden finanziell und wirtschaftlich zum hochgefährdeten Risiko-Patienten. Da sollten wir nicht den Trump spielen.