Derweil, da der Wahlkampf allmählich an Fahrt aufnimmt, wird viel über Kandidaten und ihre Ausgangssituation berichtet und geschrieben. Dieser Tage unternahm auch die „Rheinische Post“ den Versuch, das Profil der Bürgermeister-Kandidaten zu zeichnen mit besonderem Schwerpunkt auf die Amtsinhaberin.
Keine „massiven Fehler in der Amtsführung“? Wenn das im Umkehrschluss bedeuten soll, alles ist gut – denn alles sollte doch gemäß ihrem Versprechen zum Stabwechsel an der Stadtspitze und dem gleichlautenden SPD-Wahlslogan von 2014 gut bleiben – ist sie ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht geworden. Von dem der Bürger ganz zu schweigen. Denn wer sollte es schon gut finden, dass die Stadt – gerade zu Beginn einer Rezession – sich finanziell an den Abgrund gewirtschaftet hat, dass viele Angebote in Hilden – völlig unabhängig von Corona – zurückgefahren werden müssen, dass der Zustand städtischer Einrichtungen immer mehr zu wünschen übrig lässt und dass die Attraktivität und die Reputation der Stadt spürbar leiden.
Ob ihr niemand so schnell etwas vormacht? Auch diese Aussage suggeriert überlegene Souveränität. Viele ihrer Ex- oder Noch-Mitarbeiter werden das anders sehen, wie immer wieder über den Flurfunk des Rathauses nach draußen dringt. Die Stimmung im Keller, Arbeitsmoral und Motivation vor die Hunde gegangen, extremer Personalverschleiß nicht nur im direkten Umfeld – die mangelhafte Personalführung setzte sich bisweilen bis in öffentliche Sitzungen fort, wo Bürger gelegentlich Zeugen peinlicher Auseinandersetzungen und zwischenmenschlicher Zerwürfnisse wurden, die bei Zuschauern nur noch entsetztes Kopfschütteln erzeugten.
Und was ist von einer Bürgermeisterin und ihrer fachlichen Kompetenz zu halten, zu deren Gepflogenheiten es gehört, Eingaben von Bürgern einfach – und das fortgesetzt – nicht zu beantworten?
Angesichts solch gravierender, unübersehbarer Kommunikationsprobleme tun sich bei den Betroffenen ganz von alleine Zweifel auf, ob die Bürgermeisterin ihrem Amt gewachsen ist. Und das, ohne jeglichen parteipolitischen Argwohn.
Nein, die defensive Position, in der die RP sie aktuell im Wahlkampf sieht, hat weit weniger mit der Binsenweisheit zu tun, dass auch ein Bürgermeister es nicht allen recht machen kann, sondern ist vielmehr die Folge einer jahrelangen Amtsführung, die in der Arroganz und Amtsvergessenheit ihrer Partei, der SPD, ihren Anfang nahm. Zweieinhalb Jahrzehnte Zugriff auf die Spitze des Rathauses haben in der SPD eine Generation heranwachsen lassen, die die Kommunalverwaltung als Teil ihres Besitzstandes betrachtet. Die politischen Ziehväter haben das zugelassen.