Nachdem das Hochwasser abgezogen ist und die gröbsten Aufräumarbeiten nach der Flut erledigt sind, hat die Rheinische Post in der vergangenen Woche den Bürgermeister zu Wort kommen lassen zur Frage, welche Lehren aus der Unwetter-Katastrophe zu ziehen seien.
Das Blatt schreibt in der Ausgabe vom 27. Juli: „Wie künftig mit dem Thema Hochwasser umgegangen werde, sei eine politische Frage. Der Freiflächenschutz müsse stärker berücksichtigt werden, glaubt Bürgermeister Claus Pommer. Weil Freiflächen das Kanalnetz bei Starkregen entlasten.“ Und weiter zitiert die RP den Bürgermeister: „Die Flut zeigt, wir müssen mit Augenmaß Bauprojekte entwickeln“, sagt Pommer: „Freiflächen sind ein kostbares Gut – auch für den Hochwasserschutz.“
„Wie wahr“, möchte man ausrufen und noch gleich drei Ausrufezeichen hinzufügen. Dass die Bürgeraktion (BA) dieser Meinung ist, hat inzwischen eine 22-jährige Geschichte. Und auch die Haltung von Claus Pommer in der Sache ist nicht furchtbar neu: Vor seiner Wahl an die Spitze der Stadt hat er keinen Hehl aus seiner Meinung gemacht und versucht nun, ihr treu zu bleiben.
Aber welche Bedeutung und vor allem welche Haltbarkeit hat diese, aktuell unter dem Eindruck gewaltiger Hochwasserschäden stehende Erklärung im Rathaus? Hat der Bürgermeister als Verwaltungschef etwa schon seinen Baudezernenten von der Richtigkeit seiner Meinung überzeugt? Oder verfolgt der – wie gehabt – ganz andere Ziele?
«Die Parteien werden sich nur ungern an ihre Wahlversprechen erinnern lassen.»
Wo ist überhaupt die Stimme des technischen Beigeordneten, seit es für viele Hildener „Land unter“ hieß? Da herrscht totale Funkstille, genauso wie bei den politischen Parteien, die sich, auf ihre Verantwortung angesprochen, nur ungern an ihre Wahlversprechen von vor einem Jahr erinnern lassen dürften.
Keine der Mehrheitsparteien im Stadtrat, die nicht vor der Wahl im letzten Jahr gelobte, künftig Freiflächen schützen zu wollen – um sofort nach der Wahl unter Missachtung des Versprochenen genau so weiter zu machen wie zuvor. Als die BA nur zehn Tage nach dem Wahltermin für ein 80.000 Quadratmeter großes Plangebiet östlich der Gerresheimer Straße ein Moratorium beantragte, um 30.000 Quadratmeter Feld- und Wiesenfläche um des Klimas Willen im dicht bebauten Hildener Norden zu retten, scheiterte der Vorschlag am Nein fast aller Fraktionen.
Woher also die Hoffnung nehmen, dass sich bei den gegebenen Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat künftig etwas ändern sollte? Wenn der Stadtrat zum nächsten Mal Mitte September zusammentritt, wird das Mindesthaltbarkeitsdatum der Aussagen des Bürgermeisters für die meisten Ratsmitglieder schon abgelaufen sein.
Join the discussion One Comment